top of page

Produktfotografie im Onlineshop

  • Patrick
  • 5. Aug. 2024
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 3 Tagen

Viele von euch verkaufen Ihren hergestellten Schmuck weiter. Ob im Laden, auf Ebay, Etsy oder im eigenen Onlineshop. Überall da, wo ein Kunde das Produkt vor dem Kauf nicht physisch betrachten kann, muss ein Foto her.

Um euch ein bisschen Mehrwert zu bieten, möchte ich euch ein paar Einblicke in unseren Fotografie-Prozess und meine persönliche Reise durch das Thema geben. Auf was achte ich besonders, wie positioniere ich das Produkt richtig, welche Tools benutze ich, bis hin zu einigen technischen Besonderheiten und Einstellungen.


Es war im September 2021, als ich mit meiner Ausbildung als E-Commerce Kaufmann bei der zu Jeddeloh GmbH begann.

Ich kam damals aus dem Abitur und war natürlich total aufgeregt, in meinem ersten richtigen Job zu arbeiten und hatte Lust, so viel wie möglich zu lernen und mein Bestes zu geben.

Direkt am ersten Tag kam dann mein Ausbilder zu mir und warf mich ins kalte Wasser:

Ich sollte ein Produktfoto machen. Ohne eine Ahnung und ohne jemals eine Spiegelreflexkamera zu berühren, schnappte ich mir das zu fotografierende Produkt und knipste drauf los.

Die Ergebnisse meiner ersten Fotosession waren, nun ja, etwas chaotisch.

Natürlich wusste ich ungefähr wie so etwas auszusehen hat, ich hatte ja selber schon unzählige Male etwas Online gekauft. Ich konnte nur die Kamera nicht bedienen.

Dazu kam, dass ich am Anfang der Ausbildung sehr hohe Standards an mich selber hatte und ziemlich perfektionistisch war. Es war also kein Wunder, dass ich das Foto nochmal machen musste, um meinen- und den Anforderungen des Shops gerecht zu werden.



Produktfoto einer Kopfbandlupe
Mein erstes Produktfoto zeigt die Kopfbandlupe 89200872

Nach ein paar Stunden war ich dennoch recht zufrieden.

Mein Ansatz bei nächsten Fotos lautete "Learning by doing".

Ich probierte zwischendurch auch mal die anderen Kamera Modi aus, aber immer war das Bild entweder zu hell, zu dunkel oder war irgendwo in der Nachbearbeitung unscharf, da ich keine Ahnung hatte, was ich da überhaupt einstellte. Das frustrierte mich oft ziemlich dolle, da ich die Fotos dann nochmal machen durfte...

Also eignete ich mir zusammen mit meinem fachkundigen Ausbilder ein bisschen Kamera-Theorie an und probierte das Wissen aus.


Funktion

Beschreibung

Iso

Helligkeit. Wie hell ist die Umgebung? höherer Wert = dunklere Umgebung

Blende

Hintergrundunschärfe

Verschlusszeit

Wie viel Licht wird aufgenommen? Kleiner Wert = mehr Licht, großer Wert = weniger Licht

Weißabgleich

Kommt auf die Umgebung an. Im Lichtzelt reicht ein automatischer Weißabgleich.

Dies sind die grundlegenden Funktionen bei einer Kamera. Beachte, dass sie alle abhängig voneinander sind!


Mit der Zeit wurden die Fotos ein wenig besser. Dennoch gab es einige Faktoren, die ich bis hierhin noch gar nicht bedacht hatte. Es stellte sich heraus, dass ich ein Licht-Problem hatte.


Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir keine Gedanken über das Licht gemacht. Das Objekt war immer einigermaßen gut beleuchtet und ich dachte, ich konnte die Helligkeit ja noch in der Nachbearbeitung hochschrauben.

Falsch gedacht! Denn: je besser das "rohe" Foto ist, desto weniger brauchst du nachbearbeiten. Wie lange ich also an einem Bild saß, hing von dem Material ab, welches ich ins Fotoprogramm lade.

Nach einiger Recherche stellte sich ein Lichtzelt als die beste Wahl heraus.


Merke: Je besser das "rohe" Foto ist, desto weniger brauchst du nachbearbeiten.


Vorbereitung

Ich wollte das Foto immer so schnell wie möglich fertig haben, doch eine elementare Sache hatte ich fast immer vergessen. Das Produkt vorher sauber zu machen. 80% der Zeit in der Nachbearbeitung konnte ich durch das vorherige Putzen sparen. Meistens reichte dafür sogar nur ein Tuch oder Küchenpapier mit etwas Glasreiniger. Überlege dir am besten noch bevor du die Kamera einschaltest, aus welchen Perspektiven und welche Details du (und viel wichtiger: deine Kunden!) das Produkt sehen möchtest, um alle seine Spezifikationen, Eigenschaften und Funktionen zu erkennen - und entsprechend sauber zu machen.


Auf das Material kommt's an

Alles lief erstmal gut und mein Chef und ich waren zufrieden über die Ergebnisse. Bis ich ein Produkt mit metallener Oberfläche fotografieren durfte. Bei Werkzeugen und Goldschmiedebedarf ist das keine Seltenheit. Dies stellte mich vor einer unerwarteten Herausforderung. Die Spiegelung auf der Oberfläche. Mein erster Gedanke war, dass ich die Spiegelung ja einfach rausbearbeiten kann. Das klappte mal ganz gut, aber bei einigen Artikeln war das miserabel. Denn damit zerstörte ich mir entweder den Kontrast oder das Material kam gar nicht mehr zur Geltung. Dem Ziel, das Produkt so natürlich wie möglich darzustellen, stand damit wieder einiges im Wege. Mein Workaround war einfach die Reflektion zu verringern in dem ich ein Blatt Papier zwischen Licht und Objekt halte. Das klappte leider nur in ungefähr 30% der Fotos. Mein Fazit zu Materialien lautete: Mattes Plastik ließ sich viel einfacher fotografieren als glänzende Metalle.


Neues Objektiv für Makros

Nun war es auch an der Zeit, dass ich sehr kleine 1,5 mm Bohrer fotografieren sollte.

Es war mit meinem jetzigen Objektiv (Teleobjektiv) natürlich unmöglich, auch nur annähernd brauchbare Ergebnisse zu bekommen. Ich kramte also ein Makroobjektiv aus der Fotokiste raus und musste mich erstmal damit zurecht finden.

Zuerst konnte ich gar nichts sehen, bis ich erkannt habe, dass auch mein physischer Abstand zum Produkt wichtig ist und nicht nur der Kamerazoom und der Fokus.

Hat man erstmal die richtige Mischung aus Grundeinstellungen, Abstand, Zoom und Fokus gefunden, eröffnet sich einem eine ganz neue Welt der Fotografie!


Stative, und sonstige Hilfsmittel

Den oben genannten Bohrer musste ich natürlich so positionieren, dass ich die Frontansicht ablichten kann. Dazu baute ich mir ein kleines Stativ, mit einer Klemme, wo ich den untersten Teil des Bohrers befestigen konnte. Es lohnt sich also auch kreativ zu sein.

Irgendwann haben wir eine Modelliermasse (auch bekannt als Knete) ins Programm aufgenommen. Diese konnte ich schnell zu meinem Vorteil nutzen, um kleinere Artikel auf den Millimeter genau parallel zu positionieren und von der besten Seite zu fotografieren.

Für die meisten Aufnahmen benutze ich ein normales 3-Bein-Stativ um stabile Fotos zu machen. Wenn's dann doch mal etwas schneller gehen soll, geht's dann auch aus der Hand heraus. Tipp: atme langsam und ruhig aus, bevor du den Auslöser betätigst, dann ist die Wahrscheinlichkeit am Höchsten, dass nichts verwackelt.


Merke: Es lohnt sich kreativ zu sein und über den Tellerrand zu schauen!


Technik: Focus Stacking

Für einige Detailfotos oder auch für den Bohrer, also sehr kleine Artikel, war es natürlich wichtig, dass das ganze Produkt scharf abgebildet war. Wenn ich mit dem Makroobjektiv aber sehr nah am Objekt dran bin, bekomme ich nicht mehr alles fokussiert. Hierzu entdeckte ich leider viel zu spät eine lebensverändernde Technik: Fokus Stacking.

Hierfür fotografiert man das Produkt mit unterschiedlichen Schärfen und verschiebt den Fokus, sodass immer wieder ein anderer Teil im Fokus ist. Mit dem Fotobearbeitungsprogramm legt man die Bilder dann übereinander und kombiniert die Foki. Am Ende entsteht ein großes, komplett scharfes Foto. Ich bin immer wieder über die ganzen Details überrascht, wenn ich diese Technik anwende.

Im linken Bild sind Feilen abgebildet, man erkennt jedes Detail.

Im mittleren Bild sind Bohrer abgebildet - der Fokus liegt derzeit auf der Spitze.

Im rechten Bild ist eine Armspange - nur ein Bild aus 10 verschiedenen Fokusaufnahmen.





Nachbearbeitung am PC

Für die Fotobearbeitung benutzen wir Affinity Foto 2. Es ist intuitiv zu bedienen und hat alle Funktionen die man braucht. Der größte Vorteil aus meiner Sicht ist allerdings die einmalige Zahlung für die Lizenz. Ein noch einfacheres (kostenloses online) Tool ist Canva. Hier kann ich schnell Fotos freistellen, grundlegend bearbeiten, in jedes Format exportieren und mit meinen Kollegen gleichzeitig zusammenarbeiten. Mittlerweile haben wir uns die Pro-Version gekauft, für noch mehr Funktionen und Zugang zu künstlicher Intelligenz.


Es gibt normalerweise 3-4 Schritte die ich am PC durchführe:

  1. Fokus Stacking falls nötig

  2. Belichtung/Helligkeit anpassen

  3. evtl. kleine Fussel oder Reflektionen oder andere Rückstände mit dem Reparaturpinsel entfernen

  4. Das Bild freistellen und vor einen weißen Hintergrund platzieren


Ich nehme immer im .jpg Format auf. Dieses Format hat den Vorteil, dass ich das Foto direkt ins Programm reinziehen, und losarbeiten kann. Außerdem kann ich mehr Fotos speichern, da die Dateigröße im Verhältnis zu RAW-Aufnahmen klein ist.

Das RAW-Format benutze ich sehr selten, habe damit allerdings auch mehr Einstellungsmöglichkeiten, was die Farben betrifft.


Heute und Zukunft

Heute habe ich meinen Workflow soweit optimiert, dass ich ziemlich schnell top Bilder machen kann. Ich kenne meine Kamera und weiß an welchen Stellschrauben ich drehen muss, um das perfekte Ergebnis zu bekommen, auch wenn ich noch Lange kein Profi bin!

Innerhalb von wenigen Minuten kann ich so ganz viele Artikelfotos machen und bearbeiten. Das reicht für den Webshop und fürs Marketing der Produkte.

Zukünftig werden wir wahrscheinlich noch mehr mit künstlicher Intelligenz (KI) arbeiten, um unseren Fotoprozess zu optimieren.

Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Einblick in meine Fotografie-Reise und ein paar nützliche Tipps für eure Fotos geben.





























 
 
 

Comentarios


bottom of page